von Jakob Nolte | Uraufführung
sparte4, Saarländisches Staatstheater Saarbrücken |
Premiere am 10. November 2023
Inszenierung | Bildregie und Video: Grigory Shklyar |
Bühne, Kostüm: Justus Saretz | Puppenbau: Larissa Jenne
„[…] Werden es die Glücklichen oder die Traurigen sein, die eine Chance zum Überleben bekommen? Das ist die Frage dieses sehenswerten Theaterabends. Schauspieler*in, Puppenspieler und Puppe stehen für alle an Bord. Die Spiellaune ist – sparte4-like – ausgesprochen groß, die variantenreichen Dialoge, Gesprächsfetzen, das Spiel mit Puppe, mit Videoausschnitten und wortwörtlich mit Händen und Füßen verlangen dem engagierten Ensemble ein perfektes Timing, gutes Rhythmusgefühl und Sprachfertigkeit, und hohe Bewegungslust auf engstem Raum ab. Vom banalen Alltagsgeplänkel bis philosophischer Gedankenvielfalt bewältigen es alle bravourös. Bis zum bitteren Ende der Erkenntnis: Alle sitzen in einem Boot. Auch das Publikum.“
– Barbara Renno, SR2 Kulturradio
„[…] Wir befinden uns auf dem Raum des Absurden, so viel ist klar. Aber dahinter dräut die Frage, wie viel an diesem grotesk überspitzten Geschehen bereits real ist: globaler Ausverkauf, der Mensch als Ware, die Macht von Industriekonzernen und Lobbyisten über den Staat, die Skrupellosigkeit finanzieller Hasardeure und so fort. Das thematisiert Autor Nolte jedoch nicht in konventioneller Form, sondern mittels eines dialogischen Bandwurms, dessen einzelne Glieder keinen konkreten Personen zugeordnet sind.
Das wiederum lässt reichlich Raum für Spekulatives und Regisseur Thorsten Köhler freie Hand: Er verteilt den Text auf wenige Protagonisten, die mal vor, mal schemenhaft hinter durchlässiger Gaze-Leinwand agieren, wobei lediglich Ausschnitte dieses Hintergrundgeschehens per Video oder Live-Projektion groß nach vorne geholt werden. Da sind etwa die Füße von Toilettenbesuchern, die gegen den omnipräsenten Maschinenlärm anschreien. Oder die Hände des streitenden Paares im Bordrestaurant, aus dessen Verhandlungen mit dem Kellner Köhler die abstruse Komik eines Loriot-Sketches heraus kitzelt. So weit, so gut. Doch der Reiz dieser Erzählweise erschöpft sich auf Dauer in plakativer Gaghaftigkeit; die oft redundanten und rätselhaften Dialoge, an denen sich das Ensemble bravourös abarbeitet, ermüden. Vieles bleibt unklar und soll es wohl auch. […] Nicht nur kryptisch, sondern hochproblematisch an dem Stück ist jedoch etwas anderes: An Bord geht, so heißt es, eine Chinesin im Nikab um, hinter der die geheiminisvolle Investorin vermutet wird. […] Welche Signalwirkung aber hat es, wenn sich dieses personifizierte Böse hinter einem Gesichtsschleier verbirgt, der traditionell mit der muslimischen Kultur verknüpft ist?“
– Kerstin Krämer, Saarbrücker Zeitung
„Eine Stadt aus Niedersachsen wird an eine Investorin verkauft, um die Schulden eines Autokonzerns zu tilgen. Dazu wird die ganze Stadt samt ihren Bürgern auf ein Frachtschiff geladen.
Das Stück behandelt die Frage, was das Leben lebenswert macht, wenn man selbst zur Ware wird. Dabei verstricken sich die Charaktere auf dem Schiff in komische, aber auch absurde Gespräche.
Mit einem außergewöhnlichen Bühnenbild und überraschenden Ereignissen gelingt es Jakob Nolte den Zuschauer mit auf die Reise der Verkauften zu nehmen. Dabei bleiben jedoch einige Fragen offen.“
– Lara Ensslin, SR Saartext